Das Ende der Chemo

Nun geht es zu Ende. Nicht mit mir, sondern mit dem Krebs! Wer diesen Blog gerade erst entdeckt, sollte natürlich nicht mit diesem Artikel beginnen, denn er wird dem Leser nicht gefallen. Jetzt ist nämlich langsam der Moment gekommen, an dem man einfach keinen Bock mehr hat auf Chemo, auf die 5-Tage-7-Stunden-PEB-Marathons, auf den Port, auf das Gift, die Müdigkeit, die Schwindelgefühle, das schlecht Schlafen und den ganzen anderen Müll. Nein, momentan möchte man nur noch eines: gesund sein!

Aber das ist in Ordnung, denn Gesundheit ist zum Greifen nah! Dabei muss man allerdings anmerken, dass der letzte (in meinem Fall dritte) Zyklus natürlich der schwerste ist. Nicht, weil die Motivation dahin ist (das ist auch ein kleines Problem), sondern vor allem, weil sich die Chemikalien im Körper ja auch sammeln. Die Erholungsphasen nach den einzelnen Chemos werden in der Tat länger. Während ich nach dem zweiten Zyklus schon nach 4 Tagen wieder halbwegs fit war, dauerte es nun 6 Tage und gerade in den letzten Zügen einer Chemotherapie ist Geduld eine Tugend, um die man sich schon bemühen muss. Aber die Geduld hat sich in meinem Fall auf jeden Fall gelohnt: Tumormarker normal, Onkologe zufrieden und egal, wie das CT aussieht (die Lymphknoten müssen sich nicht sofort verkleinern, das kann auch noch dauern), man kann mit großer Zuversicht davon ausgehen, dass danach alles geschafft ist.

Bleibt die Frage, was das Ganze eigentlich sollte. Nun, mit den Ursachen habe ich mich ja auseinandergesetzt, allerdings ohne große Erkenntnis. Ich glaube inzwischen, dass diese Art Krebs in den Genen schlummert und wenn man sie bekommt, dann bekommt man sie eben.

Ich hoffe, dass der eine oder andere, der die Diagnose Hodenkrebs bekommt, mit diesem Blog etwas anfangen kann. Mir hat es geholfen, ihn zu schreiben.

In diesem Sinne wünsche ich allen gute Besserung! Glücklicherweise weiß ich, dass die Chancen sehr gut stehen!

Die Spiritualität als Ursache für den Krebs

Ohje… dieser Abschnitt ist wirklich schwierig, weil Spiritualität sehr persönlich ist, aber noch viel mehr, weil die Grenze zwischen gesunder Spiritualität und geisteskrankem Irrsinn flüchtig, unscharf und von Person zu Person sehr verschieden ist. Das Internet ist voll von Menschen, die ihren Krebs mit Handauflegen, Rotwurzelsalbei, Massage, Akkupunktur, Homöopathie, Schüssler-Salze oder auch Beten und Meditation geheilt haben. Das gibt es wirklich und die Wissenschaft weiß auch, dass es das gibt. Das Problem dabei ist, dass es auch viele Menschen gibt, die ihre “Erfolgsgeschichte” mit alternativen Heilmethoden nicht im Internet posten, weil sich der erhoffte Erfolg nie eingestellt hat.

Halten wir mal fest, dass gerade bei Hodenkrebs die schulmedizinische Therapie mit ihren Erfolgsquoten von 90% bis 95% (je nach Art des Tumors) mit Sicherheit die beste Lösung ist, wenn man den Hodenkrebs loswerden will.

Aber wir wollten uns ja hier mit der Frage nach dem “Warum?” befassen und auch spirituell kann man sich diese Frage stellen. Ich persönlich bin zum Beispiel zu dem Schluss gekommen, dass ich viel in mich aufnehme, aber nichts mache, um “Dampf abzulassen”. Also quasi Energie wieder abzugeben. Ich mache keinen Freizeitsport, denn Fahrrad fahren zur Arbeit ist zwar körperlich gut, aber spirituell bringt es meiner Meinung nach wenig, weil es immer noch zur Arbeit dazu gehört und somit nicht “für einen selbst” ist.

Dieser Punkt der Spiritualität ist aber in jedem Fall eine Betrachtung wert, denn im Endeffekt kann man nur auf dieser Ebene, seinen Körper dazu bringen, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Diese Kräfte gibt es, das steht fest, aber niemand weiß, wie man sie genau steuern kann. Es ist ja eigentlich auch Egal, ob man nun homöopathische Mittel nimmt, die dem Körper die „Information“ der Genesung geben, oder ob man meditiert, und sich selbst diese Information beibringt, oder von mir aus auch autogenes Training, Autosuggestion, Schüssler-Salze, Beten, Hand auflegen, Reiki, Shiatsu-Massage, Akkupunktur oder was auch immer. GANZ wichtig ist dabei aber natürlich, das man sich etwas raussucht, dass man persönlich für sinnvoll hält und von dem man ernsthaft erwartet, dass es einem helfen könnte.

UND NOCH WICHTIGER: Eine alternative Therapie muss natürlich mit Vorsicht genossen werden. Es kommt dabei natürlich immer auf die Art des Tumors an: Handelt es sich um einen langsam wachsenden Tumor ohne erkennbare Metastasen, der dann operativ entfernt wird, kann man sich, denke ich, überlegen, ob man die Prophylaxe-Chemo machen möchte, oder es erst einmal lieber mit etwas Alternativem versucht… die Möglichkeit der Chemo zu einem späteren Zeitpunkt geht einem dadurch ja nicht verloren.

Wenn man allerdings große Metastasen in der Lymphe oder kleine Metastasen in wichtigen Organen hat, und der Krebs eher zur schnell wachsenden Truppe gehört, darf man, glaube ich, den Alternativen  eher nur einen begleitenden Charakter einräumen, die der Arzt auch absegnen muss! Wir dürfen nicht vergessen, die Chemo hilft bei Hodenkrebs zu über 90% und damit ist sie die beste Lösung. Alternativen, die Körper und Geist in Einklang bringen (und das haben fast alle vorher genannten Methoden gemeinsam), sind sicherlich gut und wichtig, aber sie ersetzen meiner Meinung nach nicht die lebensrettende Chemotherapie.

Es geht also darum, Körper und Geist in Einklang zu bringen und ganz allgemein braucht man dafür nur genau eine Sache, die man sich aber selbst zulegen muss: Vertrauen / Glauben.

Manche Menschen mögen das Wort „Glaube“ nicht und das ist ihr gutes Recht, aber „Vertrauen“ in sich selbst, seinen Körper, seine Fähigkeit, gesund zu werden und in alle Heilmethoden, die man auf diesem Wege einsetzt, ist wesentlich.

Der Arzt, der den Tumor als Erster bei mir diagnostizierte, sagte mir: „Die Heilungschancen hängen nachgewiesenermaßen bis zu 30 % davon ab, wie man der Situation begegnet“. Eine positive Einstellung und ein gewisses Vertrauen können die Chance, wieder ganz gesund zu werden, um 30 % erhöhen! Und das ist, finde ich, eine ganze Menge!

Körperliche Ursachen für den Krebs

Wenn ich rauche, übergewichtig bin, aus Prinzip keinen Sport mache und Vitamine lediglich in Pillenform zu mir nehme, weil ich weiß, dass Currywurst und Schnitzel keine Vitamine enthalten, dann weiß ich wohl auch, dass ich irgendwie mit Schuld bin an meiner Erkrankung. Es ist kein Geheimnis, dass es viele Krankheiten gibt, darunter auch zahlreiche Krebsarten, die auf die Lebensweise zurückzuführen sind – also Dinge wie die richtige Ernährung beachten, sich regelmäßig bewegen, unnötige Belastungen wie Zigaretten oder übermäßigen Alkoholkonsum vermeiden und so weiter. Auch eine ausreichende Dosis Schlaf und das Vermeiden von Dauerstress sind auch nach schulmedizinischen Erkenntnissen essenziell an der Aufrechterhaltung der Gesundheit beteiligt.

Einige Erkrankte können ihre Suche nach dem “Warum?” an dieser Stelle erfolgreich beenden, weil sie genau wissen, was sie in den letzten Jahren/Jahrzehnten so alles falsch gemacht haben. Es gibt ja auch wirklich viele Menschen, die ihr Leben nach einer schweren Erkrankung dauerhaft zum Positiven verändern und das ist auch sehr gut so.

Bei vielen allerdings, mich eingeschlossen, gibt dieser Punkt überhaupt keine Antwort auf die Warum-Frage. Ich bin Nichtraucher und Vegetarier, weiß über Ernährung Bescheid und esse wirklich abwechslungsreich und vernünftig, ohne zum Salat-Nazi zu mutieren (ich kann also auch guten Gewissens immer mal wieder etwas Geil-Fettiges essen, nur eben ohne Fleischbeilage). Ich rauche schon seit vielen Jahren nicht mehr und habe auch nie wirklich viel geraucht. Ich habe Stress, klar, ich arbeite ja auch und habe eine Familie zu ernähren, aber dieser Stress hat mich eigentlich nur selten belastet, was mich auch zum nächsten wichtigen Punkt führt: Ich konnte eigentlich immer gut und ausreichend schlafen. Ich schlafe sehr gerne! Acht Stunden Schlaf sind zwar ein Luxus, den ich mir gerne jede Nacht gönnen würde, aber sieben Stunden auf regelmäßiger Basis sollten einen Körper nicht dazu veranlassen, Krebszellen als Strafe für den vermeintlichen Schlafentzug einfach mal im Körper zu tolerieren.

Auch Alkohol, den ich eher als unvernünftigen Freund betrachte und nicht als scheinheiligen Feind, nehme ich in sehr überschaubaren Mengen zu mir. Wir sprechen hier von maximal 5 Bier in der Woche.

Also lässt sich für mich die Frage nach dem Warum nur sehr schwer auf körperliche Ursachen zurückführen…

Es gibt da allerdings noch einen interessanten Aspekt – und möglicherweise können Leidensgenossen mir mithilfe der Kommentarfunktion dabei helfen, herauszufinden, ob das stimmen kann:

Man behauptet, dass der Konsum von Marihuana zu Hodenkrebs führen kann. Was jetzt nach einer “Masturbation macht blind”-Theorie klingt, könnte in meinem Fall durchaus zutreffen. Auch wenn diese Phase meines Lebens schon viele Jahre zurückliegt…

Überhaupt bleibt dann noch die Theorie der Umweltgifte! Vielleicht war in unserem Babyspielzeug eine Chemikalie, die als völlig unbedenklich galt und gilt, die aber nach 20 bis 30 Jahren zu Hodenkrebs führt! Oder es ist ein bestimmtes Pestizid, das hauptsächlich auf Nicht-Bio-Erdbeeren oder spanischen Tomaten zu finden ist! Allerdings laufen wir hier mal wieder Gefahr, wie damals in der EHEC-Zeit ein wenig Paranoid zu werden. Denn, wenn wir annehmen, dass da ein “feindliches” Lebensmittel lauert, das uns Krebs verschaffen möchte, wir aber nicht wissen, welches Lebensmittel das ist, bleibt uns nur der Generalverdacht: Alle Lebensmittel, die ich nicht für absolut sicher halte (ich persönlich vertraue Bio-Brokoli uneingeschränkt), könnten mich potenziell töten wollen. Aber dieser Ansatz führt leider nirgendwo hin, außer unter Umständen in eine tiefe paranoide Schizophrenie, die dann durchaus in der geschlossenen Abteilung enden kann.

Also, Zeit sich mit dem nächsten Punkt zu befassen, der Genetik.

Die Genetik als Ursache für Krebs

Meine Mutter hatte Krebs, mein Opa hatte Krebs, also bekomme ich auch Krebs. Klingt einfach und stimmt in vielen Fällen auch. Bei Brustkrebs beispielsweise, liegt die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung bei einer Frau, deren Mutter und Schwester schon einmal Brustkrebs hatten, bei rund 90 %. Aber gut, Krebs ist eben nicht gleich Krebs und Brustkrebs hat mit Hodenkrebs eben so viel zu tun wie Malaria mit einer Lungenentzündung: Beides gefährlich, beides mehr oder weniger heilbar, aber eben beides völlig verschieden Krankheiten.

Trotzdem kann man, wenn man möchte, davon ausgehen, dass Krebs schon in unseren Genen steckt, wenn wir geboren werden. Ich halte das für möglich, aber auch für einen etwas gefährlichen Denkansatz, weil er uns von den körperlich bedingten Risikofaktoren ein bisschen freispricht, nach dem Motto: “Ob ich rauche oder nicht ist doch egal, Krebs ist doch eh genetisch.”

Ich würde einfach mal festhalten, dass es ziemlich wahrscheinlich ist, dass es eine genetische Komponente gibt, die bei bestimmten Menschen festlegt, ob man bestimmte Krebsarten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bekommt oder nicht.

Da fällt einem natürlich immer wieder Helmut Schmidt ein, der seit 60 Jahren Kette raucht und genetisch wohl einfach so konstruiert ist, dass er davon keinen Krebs bekommt – schön für ihn, als Vorbild aber unbrauchbar.

Trotzdem haben wir mit Sicherheit die Möglichkeit, Krebs und andere Krankheiten unabhängig der genetischen Disposition positiv oder negativ durch unser Verhalten zu beeinflussen. So behaupte ich, dass jemand, der sich gut ernährt und auf vernünftige Weise Sport treibt, länger problemlos mit einem Tumor leben kann als jemand, der körperlich alles falsch macht. Das Problem bleibt aber: man hat Krebs, wenn man ihn hat, und nur in den seltensten Fällen verschwindet dieser wieder von selbst (aber er tut es trotzdem manchmal! Siehe “Die Spiritualität”).

Da wir nicht wissen, ob und wenn ja wie genau sich Genetik auf eine Krankheit, insbesondere Krebs, auswirkt, wird es wohl Zeit, den nächsten Punkt zu betrachten, die Psyche.

Die Psyche als Ursache für Krebs

Viele betrachten Krebs als den körperlichen Ausdruck eines psychischen Problems. Es gibt so viele Fälle, in denen sich die körperliche Ursache quasi ausschließen lässt, in denen der Patient aber eine große psychische Last mit sich herumschleppt, sodass eine psychische Ursache für den Krebs sich nahezu aufdrängt! Eine schwere Kindheit, ein bestimmtes Trauma in der Vergangenheit, der nicht verarbeitete Tod eines geliebten Menschen – das alles sind Faktoren, die gerne als Ursache für eine Krebserkrankung herangezogen werden. In vielen Fällen fällt einem auch wirklich kein anderer plausibler Grund ein, warum eine bestimmte Person diese dramatische Krankheit bekommen hat.

Ich möchte nicht ausschließen, dass psychische Belastungen und Stress (den ich aber eher zu den körperlichen Ursachen zählen würde) den Körper krank machen; sogar so krank, dass er Krebs entwickelt.

Gleichzeitig führt uns dieser Ausgangsgedanke allerdings manchmal auch auf einen Irrweg:

Wenn wir nämlich immer dachten, dass wir eigentlich ganz glücklich und zufrieden waren, dass die eigene Kindheit doch ganz schön war und dass wir mit den Fehlschlägen in unserem Leben bisher ganz gut umgegangen sind, dann fangen wir an, tiefer zu bohren. Wir fragen uns: “Wenn ich jetzt infolge meiner psychischen Belastungen Krebs bekommen habe, ich aber gar nicht genau weiß, was mich so belastet, was kann dann so furchtbar sein, dass ich es so tief und intensiv verdränge? Was war da in meiner Vergangenheit, von dem ich offenbar noch gar nichts wusste, was mich aber so sehr belastet, dass es mich krank macht? War meine Kindheit doch nicht so toll? Hätte mich meine Mutter öfter in den Arm nehmen müssen? Hätte ich dann diese Krankheit womöglich gar nicht? Was stört mich eigentlich an meinem Leben, von dem ich es noch gar nicht wusste?”

Und da kommen wir an den Punkt, an dem man höllisch aufpassen muss: Sobald man anfängt, sein Leben genau danach zu untersuchen, was einen eigentlich alles daran stört, kann dies schnell aus dem Ruder laufen. Wenn man nur lange genug darüber nachdenkt, merkt man, dass weder die Freundin, noch der Job, noch der Freundeskreis, noch die eigenen Kinder, noch der Wohnort, ja nicht mal der eigene Kleidungsstil so ganz ideal sind. Es könnte alles noch ein bisschen optimiert werden. Wenn man bei all diesen Aspekten ein bisschen mehr darauf geachtet hätte, was man eigentlich WIRKLICH will, dann wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen – dann wäre man endlich “richtig glücklich” und müsste sich nicht mit so blöden Krankheiten herumschlagen…

Natürlich ist das völliger Blödsinn! Es erinnert mich immer an den wunderbaren Psychiaterwitz: Kommt ein Mann zum Psychiater; sagt der Psychiater: “Guten Tag, sie lächeln also – was verdrängen sie?”.

Wer lange genug das Haar in der Suppe sucht, findet irgendwann einen Fussel und kann sagen: “Ich wusste doch, mit dieser Suppe stimmt etwas nicht!” Aber wir dürfen dabei die Realität nicht aus den Augen lassen, in der nämlich absolut jeder einzelne Mensch ein wenig an seinem Leben zu meckern hat. NIEMAND, also auch wirklich niemand auf der Welt, hat diese fusselfreie Suppe, das perfekte Leben also, das wir uns manchmal vorstellen.

Solange man sich also vor der Krebserkrankung selbst im Spiegel betrachten konnte, und sich zumindest sagen konnte, dass das Leben, das man so führt, eigentlich ganz in Ordnung ist, würde ich die psychische Ursache des Krebses lieber in den Hintergrund rücken.

Es gibt den psychisch bedingten Krebs, aber wenn einem kein guter Grund einfällt, warum einem die Psyche so eine Krankheit eingebrockt hat, dann sollte man akzeptieren, dass es vielleicht im eigenen Fall doch nicht an der Psyche liegt. Vielleicht hat das ganze Spirituelle Ursachen.